Wenn die digitale Sprechstunde zur Enttäuschung wird. Die Idee klingt zunächst vielversprechend: Schnell, unkompliziert und bequem von zuhause aus medizinische Hilfe erhalten – das verspricht die Online-Arztplattform TeleClinic, eine der größten Anbieterinnen von digitalen Arztkonsultationen in Deutschland. Doch seit einiger Zeit häufen sich Beschwerden von Patienten, die sich von der Plattform im Stich gelassen fühlen.
Neue gesetzliche Regelungen schränken digitale Sprechstunden ein
Zum 1. April 2025 sind neue Qualitätsvorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Kraft getreten. Diese beinhalten unter anderem:
- Eine Begrenzung der Anzahl von Videosprechstunden, die Ärztinnen und Ärzte für gesetzlich Versicherte abrechnen dürfen.
- Ein Verbot, per Videosprechstunde allein Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) oder bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente – insbesondere solche mit Missbrauchspotenzial – auszustellen.
Diese Einschränkungen treffen vor allem Anbieter wie TeleClinic hart, deren Geschäftsmodell stark auf digitale Erstkontakte und schnelle Ausstellung von AU-Bescheinigungen ausgerichtet war.
TeleClinic: Versprechen und Realität klaffen auseinander
Die Folgen dieser Regelungen zeigen sich drastisch bei vielen Nutzerinnen und Nutzern von TeleClinic:
- Terminabsagen trotz Buchung: Patienten berichten davon, dass gebuchte Termine kurzfristig storniert wurden – teilweise mehrfach – ohne, dass eine ärztliche Beratung überhaupt stattfand.
- Lange Wartezeiten: Besonders gesetzlich Versicherte ohne „Premium“-Krankenkasse müssen mit erheblichen Verzögerungen rechnen. In manchen Fällen berichten Betroffene von bis zu 12 Stunden Wartezeit.
- Zweiklassengesellschaft bei der digitalen Versorgung: TeleClinic kooperiert bevorzugt mit bestimmten Krankenkassen, deren Versicherte schneller versorgt werden. Andere, wie etwa bei der BKK Firmus – derzeit eine der günstigsten Krankenkassen Deutschlands – haben das Nachsehen.
Eine Übersicht über Partnerkassen findet sich auf der offiziellen Seite:
👉 https://www.teleclinic.com/versicherung/
Digitale Gesundheitsversorgung in Deutschland: Rückstand statt Fortschritt
Deutschland hängt beim Thema digitale Gesundheit im internationalen Vergleich weiterhin hinterher. Während Länder wie Estland, Dänemark oder Schweden längst etablierte Systeme für E-Rezepte, digitale Patientenakten und Telemedizin haben, verläuft die Entwicklung hierzulande schleppend.
Das E-Rezept, das in Deutschland 2024 verpflichtend eingeführt wurde, basiert auf Konzepten, die andere Länder schon vor über einem Jahrzehnt erfolgreich umgesetzt haben. Statt innovativ mitzuziehen, werden Projekte in Deutschland oft von Bürokratie, Datenschutzbedenken und politischen Verzögerungen ausgebremst.
Was bleibt den Patienten?
TeleClinic verweist auf Alternativen für dringende medizinische Anliegen:
- In Notfällen: Notruf 112
- Außerhalb der Sprechzeiten: Ärztlicher Bereitschaftsdienst unter 116 117
- Private Behandlung als Selbstzahler: ab 37,54 € pro Konsultation
Das Modell der kostenpflichtigen Behandlung wirkt jedoch für viele wie eine Notlösung – und verstärkt den Eindruck, dass finanzielle Interessen über der gesundheitlichen Versorgung stehen.
TeleClinic auf dem Prüfstand
Für viele Patientinnen und Patienten wirkt TeleClinic derzeit nicht wie ein digitales Gesundheitsangebot der Zukunft – sondern wie ein System, das unter wachsendem Druck zusammenbricht. Fehlende Zuverlässigkeit, Benachteiligung gesetzlich Versicherter und gesetzliche Einschränkungen machen die Plattform für viele unbrauchbar.
Natürlich tragen auch politische Akteure Verantwortung. Solange kein klarer und innovativer Kurs für die digitale Gesundheitsversorgung in Deutschland eingeschlagen wird, bleiben viele Menschen auf der Strecke – und das Vertrauen in moderne Lösungen schwindet weiter.
Patientenerfahrung: „Mitten in der Nacht, krank und ohne Hilfe – ein persönlicher Reinfall“
Ein besonders frustrierendes Erlebnis verdeutlicht, wie problematisch die aktuelle Lage rund um TeleClinic ist. Hier ein direkter Erfahrungsbericht:
„Nach mehreren abgesagten Terminen konnte ich erst spät in der Nacht einen Termin buchen – zwischen 22 und 0 Uhr. Ich hatte ihn aber bereits am Vormittag reserviert, frühere Zeiten gab es schlicht nicht. Um 23:40 Uhr fand dann die Videosprechstunde statt. Ich war krank, erschöpft und musste dennoch wach bleiben.“
„Der Arzt – ein älterer Herr mit schlechter Webcamqualität – saß vor einem Bücherregal und wirkte unvorbereitet. Statt mir zu helfen, meinte er, ich solle besser vor Ort eine Praxis aufsuchen. Er stellte klar, dass er mir als gesetzlich Versicherter kein Kassenrezept ausstellen könne – nur ein Privatrezept über drei Tage für 30–40 €. Das war für mich nicht tragbar.“
„Ich fühlte mich abgefertigt, ignoriert und im Stich gelassen. Und das mitten in der Nacht, während ich krank war. Diese Art der Versorgung ist ein Armutszeugnis für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.“
Diese Erfahrung ist leider kein Einzelfall – und sie zeigt, wie groß der Handlungsbedarf ist, um digitale Gesundheitsangebote fair, zuverlässig und gesetzeskonform für alle Versicherten nutzbar zu machen.
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(Bild: TeleClinic App / Screenshots / Fotomontage)
Zuletzt aktualisiert am 07.05.2025 | Autor: LeakBuy Redaktion
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